Königin Victoria – das britische Empire und eine große Liebe

Königin Victoria als junge Frau
Victoria gemalt von Alexander Melville, 1845

Königin Victoria war eine sehr ungewöhnliche Frau und hat in ihrer Epoche eine sehr wichtige Rolle gespielt. Und sie wurde sogar nach ihr benannt: das viktorianische Zeitalter.  In ihrer Kindheit war ihr nicht bewusst, dass sie einmal Königin von England werden sollte und sie wurde auch nicht dafür erzogen.

Aber unter ihrer Regentschaft und auch dank des Einflusses ihres geliebten Mannes, Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, gelangte das britische Empire an seinen absoluten Höhepunkt und stand für Wohlstand und Macht. London war die wichtigste Metropole der Welt und zeigte das zum Beispiel mit einer beeindruckenden Weltausstellung und dem Kristallpalast, als einem der Höhepunkte.

Geboren wurde Victoria am 24. Mai 1819 im Kensington Palast in London. Ihre Eltern waren Edward Augustus, Duke of Kent and Strathearn und Victoire von Sachsen-Coburg-Saalfeld. Ihre Mutter entstammte also einem deutschen Adelsgeschlecht. Und im Königreich Hannover schlossen die Gesetze eigentlich Frauen von der Thronfolge aus. Für Victoria mussten die Regeln geändert werden und sie regierte 63 Jahre als Königin von Enlgand und auch Indien. Eine Leistung, die nur von Queen Elisabeth II. übertroffen wird, die den britischen Thorn seit 1952 inne hat. Victoria ist die Urgroßmutter von Elisabeth und gleichzeitig auch von deren Gemahl, Philip, Duke of Edinburgh.

Mit Victorias Tod endete die Herrschaft des Hauses Hannover. Durch die Thronbesteigung ihres Sohnes übernahm das Haus Sachsen-Coburg und Gotha diese Rolle. Und sehr interessant: Es benannte sich 1917 um, in „Windsor“.

Victoria wird überraschend zur englischen Thronfolgerin

Eine Fotografie von Queen Victoria
Die Queen fotografiert von John Jabez Edwin Mayall, Wikimedia Commons

Wie bereits erwähnt war es nicht geplant, dass Victoria Königin wurde. Es gab in ihrer Familie eigentlich Anwärter, die in der Reihenfolge vor ihr standen. Aber die Tochter des Kronprinzen, Princess Charlotte Augusta, verstarb sehr früh. Es gab 7 Söhne des amtierenden Herrschers, die als Nachfolger in Frage kamen, aber zum entscheidenden Zeitpunkt waren nur drei verheiratet und alle Ehen blieben kinderlos oder wurden geschieden. Und obwohl danach aus dynastischen Gründen noch einige Ehen geschlossen wurden, die mehr oder weniger glücklich waren, war es schliesslich Victoria, die zur Thronfolgerin avancierte.

Das war umso ungewöhnlicher, da ihr Vater früh an einer Lungenentzündung starb und ihre verwitwete Mutter vom Palast eigentlich abgelehnt wurde. Man erwartete von ihr, dass sie nach Deutschland zurückkehren würde. Allein aus finanziellen Gründen blieb sie im Kensington Palast wohnen.

Victoria war wohl schon als Kind sehr willensstark und das Verhältnis zu ihrer Mutter wurde immer schlechter. Sie entwickelte dafür eine starke Bindung zu ihrer Gouvernante, der Baronin Louise Lehzen. Sie bereitete Victoria auf ihre Rolle als zukünftige Monarchin vor. Allerdings war die Ausbildung eher oberflächlich und konzentrierte sich auf Bibelkunde, Geschichte, Geographie und das Lernen von Sprachen. Als junge Dame erhielt Victoria, wie zu diesen Zeiten üblich, noch Unterricht im Tanzen, im Malen, im Reiten und im Klavier spielen.

Der jungen Frau war lange nicht bewusst, welche Rolle auf sie wartete. Man nimmt an, dass Victoria erst aus einem Geschichtsbuch erfuhr, dass sie die Thronfolgerin war.

Ein Porträt des berühmten Malers Franz Xaver Winterhalter
Porträt von Franz Winterhalter, 1840, Wikimedia Commons

Da ihre Mutter und deren Vertrauter John Conroy sich sehr wohl im Klaren darüber waren, das Victoria wohl die zukünftige Königin war, stellten sie sehr strenge Regeln auf. Das Kind hatte kaum Freunde oder Kontakte ausserhalb des Palastes und musste bis zur Thronbesteigung im Schlafzimmer der Mutter übernachten. Victoria sollte ihr ganzes Leben unter ihrer traumatischen Kindheit leiden.

Das Verhältnis zwischen Victoria und ihrer Mutter galt zunehmend als zerrüttet, nachdem John Conray versuchte, für sich Profit aus der Situation zu schlagen und Victoria dies vehement ablehnte.

Die junge Victoria besteigt den englischen Thron

Am Morgen des 20. Juni 1837 wurde Victoria die Nachricht überbracht, dass ihr Onkel, König Wilhelm IV. verstorben sei und sie seine Nachfolgerin auf dem Thron sein würde. Die junge Frau war zu diesem Zeitpunkt gerade mal 18 Jahre alt. Ihre Krönung fand am 28. Juni in der Westminster Abbey statt und Victoria wurde in der goldenen Staatskutsche in einem Festzug durch London gefahren.

Victoria schrieb in diesen Tagen in ihr Tagebuch: „Ich kann wirklich nicht ausdrücken, wie stolz ich mich fühle, die Königin einer solchen Nation zu sein.“ („I really cannot say how proud I feel to be the Queen of such a nation.“)

Kurz zuvor war sie vom Kensington Palast in den Buckingham Palast umgezogen. Auch ihre Mutter begleitete sie, wurde aber in einem entlegenen Palastflügel einquartiert, um Victoria ihrem Einfluss zu entziehen.

Nachdem die junge Regentin in politischen Belangen gänzlich unerfahren war, fand sie in Premierminister Lord Melbourne recht schnell einen Vertrauten, der sie in allen Fragen beriet und ihr sogar Modetipps gegeben haben soll. Trotz dieser Unterstützung erwartete man von ihr, dass sie heiratete, damit der Gemahl ihr die Verantwortung abnehmen konnte.

Der Beginn einer großen Liebe: Victoria trifft Albert

Frisch verliebt im Jahr 1854
Victoria und Albert, 1854, Wikimedia Commons

Natürlich konnte sich Victoria ihren Zukünftigen nicht einfach selbst aussuchen. Man entschied sich für Victorias Cousin Albert von Sachsen-Coburg und Gotha als geeigneten Kandidaten. Eine Ehe mit ihm würde die Position des Adelsgeschlechts stärken. Also arrangierte man ein Treffen zwischen den beiden und Victoria verliebte sich sofort in den jungen Mann. Sie schrieb in einem Brief, dass sie die Hoffnung „auf ein großes Glück“ verspürt.

Bei einem zweiten Date notierte Victoria in ihr Tagebuch: „Ich erblickte Albert mit einiger Bewegung, er ist schön.“ 4 Tage nach diesem zweiten Treffen informierte sie ihren Premierminister, dass sie Albert heiraten wolle. Sie entschied sich zwar sehr schnell für den jungen Mann, aber es gab auch einige Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Verliebten.

Sie litten beide unter einer unglücklichen Kindheit, waren verletzt und doch sehr romantisch veranlagt, zwei Seelenverwandte also.

Victoria und Albert im Jahr 1861
Die Eheleute im Jahr 1861, Foto: John Jabez Edwin , Wikimedia Commons

Die britische Öffentlichkeit war jedoch nicht begeistert über den deutschen Prinzen. Und Victoria war einigen Anfeindungen ausgesetzt und man machte sich auch über ihre etwas füllige Figur lustig. Albert wurde unterstellt, dass er Victoria nur wegen der Macht und um des Geldes willen heiraten würde. Das britische Parlament ließ Albert die Abneigung spüren und erhob ihn nicht in den Rang eines „Prinzgemahls“, sondern beließ es bei seinem ursprünglichen Titel: Prinz von Sachsen-Coburg und Gotha und genehmigte ihm nur eine geringe Apanage.

Victoria war daraufhin sehr zornig, ließ sich aber nicht von ihren Heiratsplänen abbringen und fuhr mit den Vorbereitungen fort. Allerdings zeigte sich schnell, dass es auch zwischen den beiden Brautleuten Diskussionen gab. Zum Beispiel wenn es um Alberts persönliches Hofpersonal ging. Victoria nahm keinerlei Rücksicht auf die Wünsche ihres Verlobten und bestimmte das Personal ihres Zukünftigen. Ein erster Konflikt zwischen den beiden.

Das schnelle Ende des Honeymoons

Auch nach der Hochzeit hatte das Paar einige Kämpfe auszutragen. Albert dachte sicher, dass er als Mann einige der Aufgaben, die mit dem Thron verbunden waren, übernehmen würde. Aber er da hatte er sich getäuscht. Königin Victoria trennte strikt zwischen ihrem Amt und ihrem privaten Leben. Sie wollte nicht, dass er ihre Aufgaben übernahm. Für Albert war das eine harte Realität. Er vermisste seinen Bruder, mit dem er sein ganzes bisheriges Leben verbracht hatte und es mangelte ihm an Aufgaben – er fühlte sich isoliert.

Es war ihm auch nicht erlaubt, Gelehrte, Musiker und Künstler an den Hof zu holen, da sich Victoria diesen charismatischen, gebildeten Personen nicht gewachsen fühlte. Albert wurde daher Mitglied der Royal Society und studierte englisches Recht. Er übernahm auch die Präsidentschaft der Gesellschaft zur Abschaffung der Sklaverei. Er kümmerte sich um die Gestaltung des Parks von Windsor und begann eine Pferdezucht.

Allerdings sollte sich Alberst Rolle schnell ändern, als Victoria ein Kind erwartete. Sie wurde sehr schnell nach der Hochzeit schwanger und brachte Tochter Victoria, genannt „Vicky“ auf die Welt. Nach der Geburt der Tochter konnte Albert erstmals an Treffen des Kronrats teilnehmen und wurde politisch aktiv – ohne Wissen der Königin.

Er wuchs mehr und mehr in die Rolle eines Ratgebers hinein, unterstützte Victoria und half ihr bei vielen Problemen. Und es schien, als wäre Victoria tatsächlich endlich froh, ihn an ihrer Seite zu haben und Macht abgeben zu können.

Porträt der königlichen Familie von Franz Winterhalter
Die königliche Familie, Gemälde von Franz Xaver Winterhalter

Königin Victorias glückliche Familie

Victoria brachte in 17 Jahren 9 Kinder zur Welt. Sie litt sehr unter ihren Schwangerschaften und hasste die Geburten. Und sie konnte Neugeborene nicht leiden. Erst wenn die Kinder etwas älter waren, empfand sie Mutterliebe.

Aufgrund der Familiengeschichte und der Tatsache, dass sie beide eine unglückliche Kindheit hatten, war es Victoria und Albert wichtig, dass ihre Kinder in einer glücklichen Familie aufwuchsen und eine gute Ausbildung bekamen.

Oft unterrichtete Albert seine Kinder selbst und musste feststellen, dass seine älteste Tochter wissbegieriger als ihr Bruder Albert, der zukünftige Thronfolger, war.

So oft es möglich war, entfloh die Familie London und lebte auf Windsor Castle oder hielt sich auf der Isle of Wight auf.

Die große Tragödie: der frühe Tod Alberts

Ein Porträt des gutaussehenden Prinzen
Prinz Albert, 1942, Gemälde von Franz Xaver Winterhalter, Wikimedia Commons

Im Jahr 1861 musste Victoria nicht nur den Tod ihrer Mutter betrauern, im gleichen Jahr verschlechterte sich auch der Gesundheitszustand von Albert, der unter chronischen Atemwegsproblemen litt. Als er dazu noch an Typhus erkrankte, erholte sich Victorias Gemahl nicht mehr und starb im Alter von nur 42 Jahren auf Schloss Windsor.

Victoria war erst 42 Jahr alt und verzweifelt. Von diesem Tag an änderte sich ihr Leben komplett. Sie zog sich aus der Öffentlichkeit zurück, wollte ab jetzt nur noch für ihre Kinder leben und wünschte sich selbst den Tod.

Verantwortlich für das frühe Dahinscheiden von Albert machte Victoria ihren ältesten Sohn Bertie. Er hatte eine Liebesaffäre mit einer Schauspielerin und Albert, obwohl schon kränklich, reiste nach Cambridge, um einen Skandal zu verhindern. Victoria lehnte es stets ab, ihren Sohn als Nachfolger von Albert akzeptieren.

Victorias Trauer nahm merkwürdige Züge an. Sie trug nur noch schwarze Kleidung. Auch wurde Alberts Sterbezimmer in Windsor unverändert gelassen. Die Einrichtung blieb erhalten und Bettwäsche und Handtücher wurden regelmässig gewechselt, so als würde Albert noch leben.

Auf ihren Wunsch hin wurde Albert auch nicht in London bestattet, sondern im Park von Windsor Castle beerdigt. Wo sie auch für sich selbst schon einen Platz vorbereitet hatte.

Sie zog sich in die Einsamkeit zurück und Besucher mussten lange Wege auf sich nehmen, um sie zu treffen. Nach mehr als 4 Jahren abseits der Öffentlichkeit, erschien sie erst wieder im Februar 1866 zur Eröffnung des Parlaments.

Eine Veranstaltung, die sie als „Staatstheater“ bezeichnete und an der sie in 63 Regierungsjahren nur insgesamt 7mal teilnahm.

Alleine wenn es um Monumente für ihren geliebten Albert ging, scheute Victoria keine Mühen und reiste sogar nach Coburg.

Auch die berühmte Royal Albert Hall in London liess Victoria als Gedenkstätte errichten.

Eine neue Liebe? John Brown an der Seite von Königin Victoria

Königin Victoria mit ihrem Diener John Brown
Die Queen mit John Brown, 1863. Foto: George Washington Wilson / Public domain

3 Jahre nach dem Tod von Albert übernahm ein neuer Reitknecht die Aufgabe, sich um Victorias Pferde zu kümmern und sie auf ihren Ausritten zu begleiten. John Brown war ihr ein treuer und zuverlässigen Diener und trug mit dazu bei, dass die Königin sich ein wenig von dem Verlust Alberts erholte.

John Brown konnte sich aufgrund von Victorias Zuneigung eigene Freiheiten herausnehmen. Er nannte sie nur „Woman“ und betrat ihr Zimmer ohne anzuklopfen. Natürlich führte dieses Verhalten zu wilden Gerüchten. Die beiden sollten ein Verhältnis haben, man mutmaßte sogar, dass die beiden heimlich geheiratet hätten und Victoria bekam den Spitznamen „Mrs. Brown“. Sogar ein Kind soll sie ihm geboren haben.

James Brown beschützte Victoria, als im Jahr 1872 ein Attentäter versuchte, sie zu töten. Ein zusätzlicher Grund, für die Zuneigung und Dankbarkeit der Königin. James Brown übernahm viele wichtige Aufgaben für Victoria und sie verlieh ihm schliesslich den Titel „Esquire“. Brown starb im Jahr 1883 und Victoria verlor abermals einen vertrauten Menschen und Freund, der sie mehr als 18 Jahre begleitet hatte.

Hofporträt Victorias anlässlich des Goldenen Thronjubiläums (1887)

Das britische Weltreich – das viktorianische Zeitalter

Unter Victorias Regentschaft florierte das Land und profitierte von seinen Kolonien. So war Großbritannien Ende des 19. Jahrhunderts die führende Handels-, Wirtschafts- und Seemacht.

Nach Jahren der Zurückgezogenheit nahm Victoria Mitte der 1870er Jahre wieder mehr am Leben teil und wurde die Monarchin, die für das Britische Empire stand. Und das Volk liebte seine Landesmutter wieder.

Victoria hatte 9 Kinder und eine große Familie
Victoria mit Töchtern und Enkel, 1899. Wikimedia

Im Jahr 1887 feierte sie ihr goldenes Thronjubiläum. Viele Monarchen und Adelsvertreter feierten den 50. Jahrestag mit ihr und mit vielen war Victoria auch verwandt. Sie gehörten quasi zur Familie.

Und Königin Victoria konnte sogar 10 Jahre später, 1897, das diamantene Thronjubiläum feiern. Allerdings litt sie zu diesem Zeitpunkt schon an starkem Rheuma und konnte beispielsweise die Stufen zur St. Pauls Kathedrale nicht mehr hinaufsteigen.

Und nicht nur London ehrte seine Königin, auch in den britischen Kolonien wurde gefeiert, mit Feuerwerken und Festveranstaltungen.

Königin Victorias letzte Tage

Königin Victoria mit Krone
Queen Victoria bei ihrem 50jährigen Thronjubiläum. Foto: Alexander Bassano, Wikimedia

Mit zunehmendem Alter bereitete Königin Victoria das Rheuma immer mehr Probleme und ihre Augen wurden schlechter. Und man merkte ihr im Sommer 1990 an, dass sie auch geistig abbaute. Sie fühlte sich müde, war appetitlos und litt unter Schlaflosigkeit.

Schliesslich verstarb sie am 22. Januar 1901, im Alter von fast 82 Jahren.

Auf ihren Wunsch legte man in ihren Sarg, einige Erinnerungsstücke, die ihr wichtig waren. Wie zum Beispiel einen Alabasterabdruck von Alberts Hand, wie auch Fotos und eine Haarlocke von John Brown wollte sie bei sich haben.

Anfang Februar 1901 wurde Königin Victoria – dekoriert mit ihrem Brautschleier – zu Grabe getragen und neben ihrem geliebten Albert bestattet. Endlich konnte sie für immer in seiner Nähe sein.

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